Tipps zu Pilzbestimmungsbüchern (Teil 2): Aufstiegsmöglichkeiten
Oder: Vorhersehbare Frustrationen – und wie man sie umgeht
Jetzt haben Sie also Ihr nagelneues Pilzbestimmungsbuch. Dann aber nix wie raus in den Wald, Pilze suchen. Es hat in den letzten Tagen geregnet, heute ist es warm und noch ein wenig dämpfig. Ideal also, um dicke Funde zu machen. Zu Hause dann breiten Sie Ihre Schätze auf dem Küchentisch aus und machen sich daran, die Funde mit dem neuen Buch abzuklären …
Hier beginnt leider häufig eine frustrierende Durststrecke für Pilzeinsteiger, auch dann, wenn Sie sich für eines der von uns empfohlenen neuen Pilzbücher entschieden haben. Es wird Sie nicht trösten, wenn ich Ihnen sage, dass es den meisten Pilzsammlern am Anfang ganz genau so ergeht. Aber wir können ja einmal gemeinsam untersuchen, woran es wohl liegt. Und wie man am besten über diese Durststrecke hinwegkommt.
Die sind da nicht drin …
Die Durststrecke beginnt meistens mit der Erfahrung, dass ein Pilz, den Sie gefunden haben, in Ihrem Buch irgendwie nicht drin ist. Sie blättern das Buch von vorne nach hinten und dann wieder nach vorn, Sie vergleichen Bild für Bild, aber der gesuchte Pilz findet sich einfach nicht. Der abgebildete Pilz, der dem Ihren noch am nächsten kommt, wächst angeblich nur in alpinen Höhenlagen ab 1200 Metern oder in sandigen Dünen des Wattenmeers. Dabei haben Sie den Pilz doch eindeutig bei Waldbüttelbrunn gleich um die Ecke im Buchenwald gefunden.
Wenn Sie einen Pilz anhand der Fotos im Pilzbuch nicht identifizieren können, kann das ganz verschiedene Gründe haben. Zum einen sind viele Pilze ausgesprochen wandelbar, was ihre Form und Färbung anbelangt. Man spricht bei vielen Pilzen geradezu von einem Polymorphismus. Wenn Sie in Ihrem Buch keinen Pilz finden, der dem Ihren gleicht, heißt das also nicht zwangsläufig, dass er nicht drin ist. Vielleicht haben Sie lediglich ein anders gefärbtes, etwas anders geformtes, schon etwas älteres Exemplar als das im Buch abgebildete in der Hand.
Erste Schlussfolgerung für den Sammler: Nehmen Sie, wenn möglich, mehrere Pilze der gleichen Art auf. Junge, noch nicht aufgeschirmte sollten darunter sein, aber auch schon weiter entwickelte und vielleicht auch ein fortgeschrittener Veteran. Versuchen Sie, sich anhand der ganzen Pilzfamilie ein genaueres, runderes Bild von der Art zu machen. Vielleicht kommen Sie dann schon einen guten Schritt weiter.
Die sind aber immer noch nicht drin …
Andererseits muss man natürlich sehen, dass im Raum Mainfranken schätzungsweise rund 3.000 verschiedene Pilzarten vorkommen. Die ließen sich beim besten Willen nicht alle in einem Pilzbuch unterbringen, das man noch im Rucksack dabei haben möchte. Also haben Sie womöglich sogar Recht und der Pilz ist tatsächlich nicht in Ihrem Buch.
Was also tun? Noch zwei andere Pilzbestimmungsbücher dazukaufen? Manchmal hilft das tatsächlich, weil die Bücher bei aller Ähnlichkeit im Kern punktuell dann eben doch andere Schwerpunkte setzen. Vor allem aber, weil in jedem Bestimmungsbuch andere Fotos von anderen Exemplaren abgedruckt sind. Es kann also durchaus sein, dass Sie den Pilz, den Sie in Pilzbuch A nicht erkannt haben, in Pilzbuch B anhand des anderen Fotos plötzlich ganz zweifelsfrei erkennen können.
Wenn Sie einem ausgefalleneren Pilzgesellen auf der Spur sind, wird Ihnen das zweite und dritte Pilzbestimmungsbuch für Einsteiger allerdings meistens auch nicht weiterhelfen. Es kann Ihnen also passieren, dass Sie am Ende 5 nagelneue Pilzbestimmungsbücher besitzen, die Ihnen alle ausführlich die Unterschiede von Steinpilz und Gallenröhrling, von Röhren und Lamellen, von Knollen und Scheiden erklären – aber zu dem hübschen Becherling, den Sie da gerade gefunden haben, leider gar keine klärende Information bieten.
Quantitativ zulegen
Der Gedanke, auf den man als Pilzneuling gerne als nächsten verfällt (mir ging es vor vielen Jahren jedenfalls so), ist der: Wenn in den kleinen Sammlungen so viele Pilze fehlen, dann muss halt ein richtig dickes Buch her, eines mit tausend oder am besten gleich noch mehr Pilzen. Also nicht die vierte und fünfte Variante von „Die 300 wichtigsten Pilze“, sondern gleich so etwas wie Rose Marie Dähnckes „1200 Pilze“, ein umfangreiches Konvolut mit Beschreibungen und Fotos.
Große Hoffnungen machen will ich Ihnen bei diesem Wege aber nicht. Und das nicht etwa deshalb, weil Dähnckes Buch so viel schlechter wäre als andere. Sondern weil die Bestimmungsmethode, die wir bislang spontan angewandt haben (oder besser: die ich Ihnen unfairerweise unterstellt habe), der Bildervergleich, das Blättern bis zum Fund, kein zielführender Weg zum Ergebnis ist. Mit reinen Pilz-Bilderbüchern wie den „1200 Pilzen“ ist aber leider nur dieses Verfahren möglich.
Klar, die Wahrscheinlichkeit, dass der von Ihnen gefundene Pilz in einem Buch abgedruckt ist, steigt mit der Anzahl der darin abgebildeten und beschriebenen Arten. Der Zeitbedarf für die Bilderbuch-Blätterei aber leider auch. Und das Ergebnis ist und bleibt höchst ungewiss. Denn solange Sie wirklich nur Bild für Bild vergleichen, also noch keine rechte Vorstellung davon haben, in welche (Grob)Gruppe der Pilz eigentlich gehört, wo Sie also vernünftigerweise in dem Pilzbuch suchen müssen, plagen Sie sich wie Sisyphus mit dem ollen Stein. Und fangen bei jedem neuen Fund wieder ganz von vorne an.
Diese Methode ist höchstens für den reinen Speisepilzsammler zu gebrauchen, der nicht mehr als eine Handvoll essbare Pilze und ihre giftigen Doppelgänger kennen will, alle anderen Pilze aber beharrlich ignoriert. Dem reicht es vielleicht aus, genau zu wissen, wie ein Steinpilz aussieht (und worin er sich vom Gallenröhrling unterscheidet), wie Stockschwämmchen aussehen (und was sie von Gifthäublingen unterscheidet), wie ein Parasol aussieht (und was ihn von kleineren, durchaus giftigen Schirmpilzen unterscheidet) usw. So kann man sich einen Grundstock von Pilzarten zulegen, die man zweifelsfrei kennt, ohne sich um ihre systematische Stellung im Reich der Pilze kümmern zu müssen.
Sobald man aber seine Fühler einmal etwas weiter ausstreckt und das komische „Lamellen-Kroppzeug“, über das man bislang immer achtlos hinweggestolpert ist, zu identifizieren versucht, ist die Bildersuchmethode nur noch mühsam und meist nicht zielführend. Spätestens jetzt muss eine andere Identifikationsmethode her.
Qualitativ zulegen
Daher bieten viele Pilzbücher neben den Abbildungen und Beschreibungen der Pilze eine Art Bestimmungsschlüssel, der Ihnen hilft, einen Pilz anhand besonderer Pilzmerkmale Schritt für Schritt zu identifizieren. Dabei gibt es große Unterschiede: Wissenschaftliche Schlüssel sind umfangreich und operieren häufig schon sehr früh mit mikroskopischen Merkmalen. Anfänger tun sich damit entsprechend schwer. Aber es gibt auch einfachere Schlüssel, die nicht den Anspruch erheben, jede Pilzart auszuschlüsseln, dafür meist auf mikroskopische Merkmale verzichten. Erfahrungsgemäß gelingt es damit durchaus, wenigstens bis zur Gattungsebene vorzustoßen – und das ist nicht wenig, wie Sie sicherlich wissen. Schon von den drei kleineren Bestimmungsbüchern, die wir im ersten Teil vorgestellt haben, bieten zwei einen solchen einfachen Schlüssel (das von Pätzold/Laux und das von Rita Lüder).
Die Lösung zur verbesserten Pilzkenntnis liegt also in einer Kombination der beiden Aufstiegspfade: Ein umfangreicheres Pilzbuch, das eine größere Zahl von Pilzarten beschreibt und sie zugleich über einen Schlüssel oder ein ähnliches Instrument zugänglich macht – das wäre genau das Richtige für die zweite Stufe.
Wie ein solcher Schlüssel im einzelnen funktioniert, muss hier nicht beschrieben werden. Die Bücher bieten dazu ausführliche Anleitung. Wenn Sie sich auf diesem Wege den Pilzen nähern, werden Sie jedenfalls mit der Zeit feststellen, dass Sie nicht nur häufiger fündig werden (auch wenn sich die genaue Art im Einzelfall möglicherweise immer noch nicht erklärt), sondern dass Sie ganz nebenbei auch ein wesentlich besseres Bild davon bekommen, worauf es bei der Pilzbestimmung eigentlich ankommt und welche Merkmale auf Anhieb eine grobe Zuordnung erlauben. Selbst wenn Sie dann im Detail immer noch bei der Blättermethode bleiben – Sie müssen jetzt nur noch zwanzig oder dreißig und nicht mehr 1200 Pilzbilder vergleichen.
Mit diesen Empfehlungen „im Kreuz“ finden Sie sicherlich unter den nun folgenden Beschreibungen ausführlicherer Bestimmungsbücher das Richtige für Sie.
Marcel Bon: Pareys Buch der Pilze. Über 1500 Pilze Europas. Bearbeitet und übersetzt von Till R. Lohmeyer. Kosmos Verlag 2005. ISBN: 3440099709. 363 Seiten. 1500 Zeichnungen, davon 1230 farbige. 24,90 Euro.
Ich besitze nur eine ältere Ausgabe des Buches aus dem Jahr 1988, in der der Grünling noch als essbar ausgegeben und manche aktuelle Namensänderung noch nicht nachvollzogen ist. Ich gehe davon aus, dass in der neuen, wiederum von Till. R. Lohmeyer besorgten Ausgabe diese Mängel behoben sind, dass der Band im Übrigen aber dem Konzept seines Vorgängers folgt (die Seitenzahl stimmt jedenfalls überein). Mit letzter Sicherheit sagen kann ich es aber nicht: Ich kenne die neue Ausgabe nicht aus eigener Anschauung.
Gleichwohl – und ganz unabhängig davon, ob diese Korrekturen nun durchgeführt worden sind oder nicht – würde ich „den Bon“ (manche nennen ihn auch „den Parey“) jedem engagierten Anfänger sofort empfehlen. Das Buch benutzt keine Fotos, sondern Zeichnungen zur Darstellung der Pilze. Das hat Vor- und Nachteile. Nachteil: Die Zeichnungen haben nicht den blendenden Realitätsgehalt von Fotos, zumal die Pilze nicht am Standort, sondern museal freigestellt gezeichnet sind. Vorteil: Ein Zeichner kann die charakteristischen Züge einer Pilzart sehr viel besser herausarbeiten als ein Fotograf, der nehmen muss, was ihm vor die Linse kommt. Ich arbeite jedenfalls nach wie vor sehr gerne mit meinem (alten) Bon.
Eine knappe, aber außer makro- auch mikroskopische Unterscheidungsmerkmale und Vergiftungserscheinungen behandelnde Einleitung geht dem Bestimmungsteil voraus. Ein Glossar erläutert die wichtigsten mykologischen Fachbegriffe, von amyloid bis Zystiden. Ein etwa zehnseitiger Haupt-Bestimmungsschlüssel (ohne mikroskopische Merkmale) hilft, sich einem „Bestimmling“ systematisch zu nähern. So hat man eine gute Chance, wenigstens bis zur richtigen Gattung vorzustoßen. Im Bestimmungsteil (links der beschreibende Text, rechts die Abbildungen) werden nicht nur die Familien, Unterfamilien und Sektionen, sondern auch die Gattungen zusammenfassend beschrieben. Innerhalb des Bestimmungsteils sind immer wieder ausgesprochen lehrreiche, illustrierte Teilschlüssel eingefügt (z.B. zu den Wulstlingen und Knollenblätterpilzen). Die Beschreibungen der einzelnen Pilzarten haben Substanz. Zu jeder Pilzart wird auch ein Sporenabbild mitgegeben.
Kurz: Ein sehr gut brauchbares Buch sowohl für den Einsteiger als auch für den fortgeschritteneren Pilzsucher.
Ewald Gerhardt: BLV Handbuch Pilze. BLV Verlagsgesellschaft, In der vierten, durchgesehenen Auflage 2006 erschienen. ISBN-13: 9783835400535; ISBN-10: 3835400533. 640 Seiten. 650 Farbfotos. Rund 600 Pilzarten (nach einem kreisrunden Insert auf dem Umschlag sogar „über 1000 beschriebene Pilzarten“; s.u.). 12,95 Euro.
Dr. Ewald Gerhardt ist nicht nur ein ausgewiesener Pilzkenner (er leitet seit 1989 die Pilzberatung im Botanischen Garten Berlin-Dahlem), sondern auch ein fleißiger Buchautor. So kommt es, dass man am Markt gleich mehrere aktuelle Pilzbücher von ihm findet, die freilich aus dem gleichen Fundus schöpfen, sich aber in der Darbietung des Stoffs doch deutlich unterscheiden.
Das hier vorgestellte „BLV Handbuch“ (das mir in der dritten Auflage von 2002 mit einem noch in Grüntönen gehaltenen Umschlag vorliegt) ist schon wegen seines festen Einbandes und seines Gewichtes von mehr als zwei Pfund kaum mehr als Exkursions-Literatur anzusprechen, aber beim Nachbestimmen zu Hause und auch beim lesenden Einstieg in die Welt der Pilze eine wertvolle Hilfe. Auf seinen etwas mehr als 600 Seiten bietet es Beschreibungen von etwa ebenso vielen Pilzarten, fein säuberlich nach Ordnungen, Familien und Gattungen sortiert, aber durch ein deutsches und ein lateinisches Register bestens erschlossen. Dabei sind durchaus auch abseitigere Gattungen wie die Kernkeulen oder der Runzelschorf erfasst. Die Essbarkeit der Pilze ist durch (leider nicht selbsterklärende) grafische Symbole angegeben.
Anders als auf dem rückseitigen Umschlag, wo bescheiden und zutreffend von „rund 600 Pilzarten“ gesprochen wird, die in dem Buch beschrieben sind, prahlt ein kreisrundes Insert auf dem Titel meiner Ausgabe mit „über 1000 beschriebenen Pilzarten“. Auf diese Zahl kommt man aber allenfalls, wenn man die in den Hauptbeschreibungen erwähnten, aber keineswegs ausführlich beschriebenen, ähnlichen Arten mitzählt. Das ist natürlich Unfug und vielleicht auch deshalb in der neuen Auflage wieder unterblieben.
Die Beschreibung einer Art nimmt im Allgemeinen eine ganze Seite ein, fällt also recht gründlich aus. Strukturell folgen die Beschreibungen dem klassischen Schema: Vom Hut über die Lamellen, den Stiel und das Fleisch (mit Geruchs- und Geschmacksangaben) bis hin zu Sporenpulverfarbe, Sporenform und -abmessungen (verschiedentlich auch mit Abbildungen) und Angaben zu den Zystiden. Hier findet also auch der Mikroskopiker wichtige Hinweise. Die Abteilungen „Vorkommen“, „Verwechslung“ (nicht nur bei kulinarisch wichtigen Pilzen) und, wo es sinnvoll ist, eine „Bemerkung“ vervollständigen die Beschreibung. Jeder Art ist mindestens ein Standortfoto beigegeben.
Gerhardt bietet einen zweistufigen Schlüssel an, der sich vor allem an den Bedürfnissen nicht-wissenschaftlicher Pilzfreunde orientiert. Ein erster Hauptschlüssel (S.29 – 33) führt zu den Familien hin. Er kommt ohne mikroskopische Merkmale aus. Ein zweiter, reichhaltig illustrierter „Schlüssel“ (nun endgültig in Anführungszeichen, weil er nicht dichotom aufgebaut ist, also die Gattungen nur aufreiht und nicht an Merkmalen unterscheidet), von Gerhardt „Systematische Bestimmungsübersicht“ genannt, findet sich auf den Seiten 34 bis 53. Die Liste der Fachausdrücke (S.54-60) reicht von „Aeromycophyt“ bis „Zystidiolen“ – schon das deutet auf den etwas gehobeneren Anspruch hin. Auch eine Sporenpulver(farb)tafel findet sich auf S.63. Ganz besonders hervorzuheben ist die ausführliche Einführung, die auch vor Angaben zur Sexualität und Vermehrung und zu den mikroskopischen Merkmalen der Pilze nicht Halt macht.
Alles in allem also ein substanzreiches, gründliches und daher rundheraus zu empfehlendes Buch. Ob der Grünling, der in meiner Ausgabe lediglich beim Schwefelritterling (Tricholoma sulphureum, S. 105), dort allerdings fälschlich als essbar erwähnt ist, in der aktuellen Ausgabe korrekt als nicht essbar eingestuft ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Ewald Gerhardt: Der große BLV Pilzführer für unterwegs. Dritte Auflage (Neuausgabe). BLV Verlagsgesellschaft. München 2006. ISBN-10: 3835400614; ISBN-13: 978-3835400610. 718 Seiten. Über 1200 Arten und über 1000 Farbfotos. 19,95 Euro.
Hier nun also der zweite Pilzführer aus Ewald Gerhardts Feder, noch einmal rund 80 Seiten dicker als der soeben beschriebene, dafür ein wenig schmaler im Format und mit einem kartonierten Einband, der in einer – gelegentlich lästigen, aber als Schutz unverzichtbaren – Kunststoffhülle steckt. Dem Titel nach ist das Buch als Feldführer für unterwegs gedacht. In die Hosentasche passt er aber sicherlich nicht.
Dem Bestand nach ist der „große“ Pilzführer mit mehr als 1200 Arten noch einmal entschieden umfangreicher als das Handbuch (ca. 600), dafür fallen die Beschreibungen auch entsprechend kürzer aus. In der Regel sind drei Arten pro Seite abgebildet und beschrieben. Der Grundaufbau der Beschreibungen ähnelt dem des zuvor beschriebenen Bandes, aber die Angaben sind merklich knapper. Essbarkeit ist hier durch halbwegs selbsterklärende Symbole angedeutet. Beim Grünling steht zwar noch „essbar“, doch schon mit dem Hinweis auf den umstrittenen Speisewert und die Publikation zu den Todesfällen in Frankreich.
Die Anordnung der Pilze folgt einer elementar schlüsselartigen Struktur. Die Übersicht zu dieser Struktur ist gleichlautend auf der vorderen und hinteren Umschlagseite abgebildet. Ihr liegt eine Mischung aus abstraktem Farbcode (Lamellenpilze, Sprödblättler, Röhrlinge/Porlinge, usw.), Sporenpulverfarbe und Fruchtkörperformen zugrunde. Das ist ein wenig ungewöhnlich, funktioniert in der Praxis aber ganz passabel.
Die Einführung ist knapp gehalten und konzentriert sich fast ausschließlich auf die Erläuterung der schlüsselartigen Struktur. Durchaus plausibel bei einem Buch, das vor allem im Feld genutzt werden soll. Gegen Ende gibt es noch eine Liste der Fachausdrücke (hier wieder auf den gängigen Bestand von „amyloid“ bis „Zystiden“ gekürzt), sechs Seiten mikroskopische Merkmale, die sehr schön gezeichnet, aber in einem für das Feld gedachten Führer nicht unbedingt notwendig sind, und ein gemischtes, deutsch-lateinisches Register.
Summa summarum also ein artenreicher Pilzführer, dessen Erschließungssystem auch am Standort praktikabel nutzbar ist, der dafür aber auch ein wenig Platz im Pilzkorb fordert.
Erweiterte Aufstiegsmöglichkeiten
Mit diesen umfangreicheren einbändigen Darstellungen sind die pilzliterarischen Möglichkeiten freilich bei weitem noch nicht erschöpft (und auch keineswegs alle einbändigen Bücher beschrieben). Wer noch ein dickes Pfund drauflegen möchte, sollte sich beispielsweise einmal die „Pilze der Schweiz“ ansehen.
Die 6 jeweils ca. 400 Seiten starken Bände, von den Schweizer Mykologen Josef Breitenbach (bis Band 5 dabei) und Fred Kränzlin in 20-jähriger Arbeit zusammengetragen, sind ein sehr guter Bezugspunkt auch für die Pilze Mainfrankens. Das Erstaunlichste: Breitenbach und Kränzlin waren/sind keine Biologen, sondern engagierte Freizeit-Pilzforscher wie so viele wichtige Autoren in der Mykologie. Sie können die Bände direkt beim Verlag oder bei Walter Pätzold oder bei Andreas Gminder bestellen. Dazu müssen Sie aber wahrscheinlich Ihr Sparschwein plündern: Band 1, 2 und 3 kosten 75, 92 bzw. 97 Euro, die drei übrigen Bände jeweils 100 Euro.
Von hier aus geht es steil weiter nach oben zu einzelnen Gattungs-Monographien, also zu umfangreichen Abhandlungen zu einzelnen Pilzgattungen (beispielsweise Heilmann-Clausen et al., The Genus Lactarius), zu den wunderschön illustrierten Bänden des Pilzkompendiums von Erhard Ludwig, zu den drei herrlichen Bänden von Neubert/Nowotny/Baumann zu den Myxomyceten (Schleimpilzen), zu wissenschaftlichen Bestimmungsschlüsseln wie den Nordic Macromycetes (3 Bände) oder dem „Horak“ – aber da sind wir dann doch schon ein wenig weit vorausgeeilt in sehr spezialisierte Höhen.
Daher wollen wir unsere Literaturtipps an dieser Stelle erst einmal beschließen.
Stand März 2009. Copyright 2009 Pilzfreunde Mainfranken. Text und Bilder: Dr. Hans-Jürgen Stahl